Erfolg für Inklusions-Initiative: Bundesrat kündigt Gegenvorschlag an
Medienmitteilung vom 23.12.2024
Die Schweizer Behindertenpolitik steht an einem Wendepunkt: Der Bundesrat kündigt einen indirekten Gegenvorschlag zur Volksinitiative «Für die Gleichstellung von Menschen mit Behinderungen» an. Mit einem neuen Inklusionsrahmengesetz will er Forderungen der Inklusions-Initiative im Bereich Wohnen aufnehmen und Assistenzleistungen ausbauen– ein historischer Schritt hin zu einer echten Inklusionspolitik.
Der Bundesrat hat den dringenden Handlungsbedarf für die rechtliche und tatsächliche Gleichstellung von Menschen mit Behinderungen anerkannt. Der indirekte Gegenvorschlag ist ein Erfolg der Inklusions-Initiative, die im September 2024 mit über 107'000 Unterschriften eingereicht wurde. Die starke Mobilisierung von Menschen mit Behinderungen hat das Thema Inklusion erfolgreich auf die politische Agenda gesetzt.
Trotz der Ratifizierung der UNO-Behindertenrechtskonvention (UNO-BRK) vor zehn Jahren blieb die Schweiz im internationalen Vergleich zurück. Die Gesetzgebung beschränkt sich bisher weitgehend auf den Abbau baulicher Barrieren. Zentrale Lebensbereiche wie Wohnen, Bildung und Arbeit wurden vernachlässigt. Auch der Zugang zu technischer und persönlicher Assistenz ist ungenügend.
Inklusions-Initiative bleibt notwendig
Das angekündigte Inklusionsrahmengesetz beschränkt sich, soweit heute abschätzbar, stark auf den Bereich Wohnen. Die Inklusions-Initiative bleibt daher notwendig, damit Menschen mit Behinderungen die Unterstützungsleistungen erhalten, die sie für ihre rechtliche und tatsächliche Gleichstellung in allen Lebensbereichen benötigen. Die Inklusions-Initiative gibt hier auch den Kantonen einen klaren Auftrag.
Von einer umfassenden Inklusionspolitik profitieren alle: Barrierefreie Wohnungen ermöglichen älteren Menschen mehr Selbstständigkeit, Rampen erleichtern sowohl Rollstuhlfahrenden als auch Eltern mit Kinderwagen den Alltag. Echte Teilhabe und Zugang zu allen Lebensbereichen bedeuten auch Selbstverantwortung: Nur wer Zugang zu Bildung und Arbeit hat, kann seine Existenz selbst bestreiten und Eigenverantwortung wahrnehmen.
Verbesserungen beim Behindertengleichstellungsgesetz
Der Bundesrat hat heute auch die Botschaft zur Teilrevision des Behindertengleichstellungsgesetzes (BehiG) vorgestellt. Diese enthält dank des Drucks der Inklusions-Initiative und eines von über 11'000 Personen unterzeichneten Appells wichtige Verbesserungen beim Diskriminierungsschutz. Zentrale Fragen wie die Barrierefreiheit im öffentlichen Verkehr bleiben jedoch ungelöst. Hier muss das Parlament nachbessern.
Die politische Umsetzung erfordert jetzt eine sorgfältige Koordination verschiedener Gesetzgebungen. Denn die Unterstützungsleistungen für Menschen mit Behinderungen sind auf mehrere Bundesgesetze verteilt: Das Wohnen regelt das Bundesgesetz über die Institutionen zur Förderung der Eingliederung (IFEG), den Assistenzbeitrag das Invalidenversicherungsgesetz (IVG). Hinzu kommt das erwähnte Behindertengleichstellungsgesetz (BehiG). Das angekündigte Inklusionsrahmengesetz soll nun dafür sorgen, dass diese verschiedenen Gesetze und ihre Revisionen zeitlich wie inhaltlich aufeinander abgestimmt werden.
Trägerschaft der Inklusions-Initiative
Der Verein für eine inklusive Schweiz ist Trägerverein der Inklusions-Initiative und wird gestützt von Agile, Amnesty International Schweiz, Inclusion Handicap, Stiftung für direkte Demokratie und Verein Tatkraft, die zusammen über 50 Organisationen vertreten. Mehr Informationen finden Sie unter: www.inklusions-initiative.ch.