Die Schweiz braucht ein griffiges Inklusionsgesetz
Medienmitteilung vom 3.12.2024 (als PDF)
Am heutigen internationalen Tag der Menschen mit Behinderungen fordern Betroffene den Bundesrat mit einem breit abgestützten Appell zum sofortigen Handeln auf: Die Schweiz braucht ein umfassendes Inklusionsgesetz. Die laufende Teilrevision des Behindertengleichstellungsgesetzes (BehiG) greift deutlich zu kurz und lässt zentrale Anliegen der Inklusions-Initiative unbeachtet.
Was braucht es noch, bis die Schweiz endlich über eine zeitgemässe Rechtsgrundlage für die Behindertenpolitik verfügt? Aktuell läuft zwar die Teilrevision des BehiG, doch der bisher vorliegende Entwurf genügt nicht als Gesetzesgrundlage für die nächsten Jahre. Wichtige Forderungen der Betroffenen, wie selbstbestimmtes Wohnen oder persönliche Assistenz, werden vom BehiG ausgeklammert. Eine Delegation von Selbstvertreter:innen richtet sich heute im Bundeshaus mit einem Appell an Bundesrat und Parlament. Der Appell wurde bereits von 10‘000 Personen unterschrieben. Er fordert, den aktuellen Revisionsprozess zum BehiG zu stoppen und unter aktivem Einbezug der Menschen mit Behinderungen ein Inklusionsgesetz zu entwickeln.
Veraltete Denkmuster überwinden
Die Politik darf sich nicht mit einer oberflächlichen Teilrevision des BehiG zufriedengeben, die im Denkmuster der Jahrtausendwende bleibt. «Die Zeit der kleinen Schritte ist vorbei. Die Menschen in der Schweiz wollen eine inklusive Gesellschaft ohne Barrieren, an der alle teilhaben können», kritisiert Nationalrat Islam Alijaj, Mitinitiant der Inklusions-Initiative. Die grössten Schwachpunkte der Revision haben die Behindertenverbände im Rahmen der Vernehmlassung bereits benannt (siehe Faktenblatt von Inclusion Handicap zur Teilrevision BehiG).
Koordination verschiedener Gesetze notwendig
Die Inklusions-Initiative fordert, dass Menschen mit Behinderungen die Unterstützungsleistungen erhalten, die sie für ihre tatsächliche Gleichstellung benötigen. Insbesondere müssen die freie Wahl der Wohnform sowie mehr personelle und technische Assistenz sichergestellt werden. Dies erfordert eine koordinierte Revision mehrerer Gesetze. Das Wohnen zum Beispiel ist im Bundesgesetz über die Institutionen zur Förderung der Eingliederung von invaliden Personen (IFEG) geregelt, während die Assistenz im Invalidenversicherungsgesetz (IVG) behandelt wird. Die verschiedenen Revisionen müssen eng aufeinander abgestimmt werden. Ein umfassendes Inklusionsgesetz soll diese Abstimmung sicherstellen.
Klares Zielbild durch UNO-Behindertenrechtskonvention
Noch immer fehlt in der Schweizer Behindertenpolitik eine gemeinsame Richtung. Dabei wird das Zielbild durch die UNO-Behindertenrechtskonvention (UNO-BRK) vorgegeben, welche die Schweiz vor 10 Jahren ratifiziert hat. Der UNO-Ausschuss für die Rechte von Menschen mit Behinderungen hat 2022 aufgezeigt, dass die Schweiz noch weit von diesem Ziel entfernt ist. Die breite Unterstützung der Inklusions-Initiative unterstreicht den dringenden Handlungsbedarf. Es ist höchste Zeit, diesen Stimmen endlich Gehör zu schenken.
Auskunft
Iris Hartmann, Geschäftsleiterin Verein für eine inklusive Schweiz, 076 612 02 69; iris.hartmann@inklusions-initiative.ch
Jonas Gerber, Kommunikationsverantwortlicher Inclusion Handicap, 031 370 08 42; jonas.gerber@inclusion-handicap.ch
Trägerschaft der Inklusions-Initiative: Hinter dem Projekt stehen ein überparteiliches Initiativkomitee von Menschen mit und ohne Behinderungen, ein Bürger:innen-Komitee mit über 1’500 Unterstützenden und eine Trägerschaft aus Agile, Amnesty International Schweiz, Inclusion Handicap, Stiftung für direkte Demokratie und Verein Tatkraft, die zusammen über 50 Organisationen vertreten.